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Haushalt 2017

Bei diesem Haushalt kann ich nicht einfach sitzenbleiben, da muss ich mich stellen.

Zum Jahresende werde ich den Fraktionsvorsitz abgeben und somit ist dies wohl meine letzte Stellungnahme zu einem Haushaltsplan. Deshalb möchte ich Sie alle um ein klein wenig Geduld bitten und Sie bitten mir zu gestatten einen kurzen Blick sowohl zurück als auch in die nähere Zukunft zu werfen.
Lassen Sie mich mit folgender Einschätzung beginnen:

Nachdem das Straelener Haushaltsvolumen lange Jahre stetig stieg und stieg, haben wir nun einen deutlichen Einbruch, wie die vorliegende Haushaltsrechnung zeigt, was nur durch eine Verlagerung durch die außerplanmäßige Tilgung aus dem Gebührenhaushalt Abwasser aufgefangen wurde. Das führt noch einmal deutlich vor Augen, wie fragil und relativ der bisherige Reichtums Straelens ist.

In einer solchen Situation und angesichts der ungeklärten Zukunft der Gewerbesteuer ist es unverantwortlich, einfach so weiter zu machen wie bisher und sogar noch weitere Schulden einzuplanen. Wir brauchen einen Haushalt, der auch bei kurzfristig geänderten Rahmenbedingungen Handlungsspielräume offenhält. Darüber hinaus sind die Prioritäten falsch gesetzt.

Dieses Zitat ist keine Reaktion auf die aktuelle Situation sondern ein Zitat aus meiner Stellungnahme zum Haushalt 2000. Auch in den Jahren davor hatten wir immer angemahnt die Monokultur in den Steuereinkünften abzubauen und für kurzfristige Änderungen gerüstet zu sein durch Rücklagen und Haushaltsdisziplin. Meist fanden sich in den Reden der Kämmerer zum Haushaltsplan deutliche Parallelen.
Dass dieses Statement auch heute so gut passt zeigt dass leichtsinnige und unsolide Haushaltsführung leider schon eine längere Tradition in Straelen hat und weder der Bürgermeister -obwohl er selbst eine Zeit lang Kämmerer war - noch die CDU Fraktion dazu gelernt haben.

Seit der Einführung der doppelten Buchführung für Kommunen in 2008 hat Straelen keinen einzigen ausgeglichenen Haushalt verabschiedet. Wir hatten ein strukturelles Defizit von rund 3 Mio € pro Jahr. Jetzt sind noch einmal Mindereinnahmen von über 9 Mio € pro Jahr dazu gekommen. Auch nach Abzug der Umlageanteile dieser Einnahmen verbleibt eine großes Loch auf der Einnahmeseite.

Dennoch liegt Straelen bei den Einnahmen laut Schaubild der Kämmerei immer noch weit über den umliegenden Gemeinden.

Allerdings beim Jahresergebnis ist trotzdem das Defizit je Einwohner ebenfalls weit über allen Gemeinden im Kreis. Bei der Prognose für 2018 wird es nur von Wachtendonk etwas übertroffen, 2019 liegt es immer noch nur im Mittelfeld trotz -weiterhin erwarteter- hoher Einnahmen.

Wir haben also - wie schon der Kämmerer seit vielen Jahren bei jedem Haushaltsplan nicht müde wird zu betonen - ein Ausgabenproblem und nicht ein Einnahmenproblem.
Dennoch ist die Antwort des Bürgermeisters auf diese Misere keine umfassende Bearbeitung der Ausgabenstruktur, sondern eine massive Steuererhöhung mit aktuell bis zu 25% bei der Grundsteuer B. Seit 2010 sind es sogar über 70%. Er versucht uns zu beruhigen, das sei bei der Grundsteuer nur die Anhebung auf den fiktiven Durchschnittswert, den das Land zur Berechnung der Steuerkraft heranziehe. Interessanterweise bleiben die Steuererhöhungen bei der Gewerbesteuer deutlich unter dem fiktiven Durchschnittswert. Wahrscheinlich weil der Bürgermeister weiß, das Hausbesitzer und Grundstückeigner ihren Besitz nicht so leicht in eine andere Kommune verlegen können wie ein Betrieb seinen Firmensitz und dass Grundstückseigner jede Steuererhöhung zähneknirschend hinnehmen müssen.
In den letzten Jahren wurden die Steuern dreimal erhöht in 2011, 2013 und jetzt 2017. Eine weitere Steuererhöhung ist geplant für 2018.
Vergleichbare Ausgabenbeschränkungen sucht man vergebens. Im Gegenteil, beim gewichtigsten Posten -den Personalkosten- gibt es z.B. allein zwischen 2009 und 2017 einen Zuwachs von 8 bzw. 16 Stellen je nach Rechnungsweise - statt wie im Rat und vom Kämmerer immer wieder angemahnt - durch Ausnutzen der Fluktuation Stellen abzubauen. Und der Bürgermeister möchte jetzt auch noch das Rathaus erweitern oder ganz neu bauen ohne das vorher auch nur mit den Ratsfraktionen besprochen zu haben.

Nach dem Teilabzug der Firma Bofrost und mit ihr ein Viertel der Straelener Einkünfte im Herbst letzten Jahres hatten wir der CDU Gespräche über Wege zur Haushaltskonsolidierung vorgeschlagen. Nach einer längeren Bedenkzeit gab es im Frühjahr diesen Jahres ein positives Signal und wir haben gemeinsam, d.h. Vertreter der Fraktionen CDU, Freie Wähler, GO/Grüne und FDP uns auf Ziele und Vorgehensweisen verständigt und diese auch in einer Selbstverpflichtung niedergelegt. Dieser 'Letter of Intent' umfasste insbesondere folgende Punkte:

  • Bis 2019 den Haushaltsausgleich anzustreben 
  • Alle Produkte des Haushaltes auf den Prüfstand zu stellen
  • Bereits im Haushalt 2017 Einsparungen auf den Weg zu bringen
  • Die Wirtschaftsförderung konzeptionell neu auszurichten
  • Vom Bürgermeister bis Ende 2016 ein in sich schlüssiges und langfristiges Personalkonzept zu verlangen 

Nach anfänglichen kleinen Erfolgen im Bereich des Baudezernates hat die Verwaltungsspitze die Bemühungen der Fraktionen nur noch erschwert oder sogar behindert. Auch die Aufforderung an den Bürgermeister seinerseits Vorschläge zu substantiellen Verbesserungen zu machen blieb ergebnislos, sodass sich die 4 Fraktionen von der Zusammenarbeit mit der Verwaltung verabschiedeten und noch einen Anlauf unternahmen sich untereinander auf weitere strukturelle Verbesserungen des Haushaltes zu einigen.   

Leider hat sich die CDU-Fraktion mit ihrem Ja zu diesem Haushaltsentwurf nun ebenfalls von dem gemeinsam erarbeiteten und beschlossenen Ansatz der strukturellen Aufgabenkritik gänzlich abgewandt und damit zu unserem Bedauern aus den gemeinsamen Haushaltsberatungen verabschiedet.

 

Was sagt der Planentwurf sonst noch über Straelens Zukunft  mit all diesen Steuererhöhungen aus?
2013 hatte die Stadt Barreserven von 20 Mio €. Keine 5 Jahre später wird davon nichts mehr übrig sein.
Das Eigenkapital hat in den endgültigen Abschlüssen seit Einführung der doppelten Buchführung in 2008 -abgesehen von umlagebedingten Ausschlägen- bis Anfang 2015 bei etwa 77 Mio € gelegen. In der aktuellen Prognose wird es bis auf 2020 auf 56 Mio € absinken trotz der optimistischen Annahmen über das minimal positive Gesamtergebnis, mehr als ein Viertel des Eigenkapitals wird vernichtet

Doch der Bürgermeister will uns beruhigen, in der Zukunft soll alles wieder besser werden.
Wie belastbar solche Prognosen sind, zeigen die Prognosen der Vergangenheit. Fast immer sieht dort die Zukunft deutlich rosiger aus als die Vergangenheit. Ganz selten wie etwa in 2013 wird das tatsächliche Ergebnis sogar besser als die Prognose, meistens sind die tatsächlichen Ergebnisse deutlich schlechter als die Prognosen.
So wurde im 2011er Plan für 2015 -2,7 Mio prognostiziert, das später auf bis zu -10,3 Mio absackte. Dank Steuernachzahlungen lag dann der tatsächliche Abschluss bei immer noch horrenden -8 Mio, also mehr als das Dreifache des ursprünglich prognostizierten Defizits.
Der Plan für 2014 sagte für 2017 -1,5 Mio voraus, der jetzige Entwurf weist statt dessen für 2017 mit einem Defizit von -7,1 Mio fast das Fünffache aus.
Auch der Ausblick dieses aktuellen Haushaltsplan auf die kommenden 4 Jahre endet nach drei defizitären Jahren wieder minimal rosig - er prognostiziert einen kleinen Überschuss in 2020. Welche Zahl wird dort wohl stehen wenn wir den Plan für 2020 tatsächlich verabschieden??
Der besagte prognostizierte kleine Überschuss basiert auf vielen Annahmen, die Eines gemeinsam haben: es wird immer die für Straelen günstigste Variante unterstellt, z.B.:

  • Die Umlage Fonds Deutsche Einheit wird tatsächlich abgeschafft und auch nicht durch etwas anderes ersetzt.
  • Die Solidaritätsumlage des Stärkungspaktes läuft ersatzlos aus.
  • Es kommt keine neue Flüchtlingswelle auf uns zu.
  • Kein weiterer Straelener Betrieb reagiert auf die mehrfachen Gewerbesteuererhöhungen.
  • Die gute Konjunktur hält an und bewirkt weitere Zuwächse bei den Straelener Betrieben und ihren Gewinnen.
  • Der Kreis meldet keinen zusäztlichen Finanzbedarf an.

Das alles ist nicht ausgeschlossen, aber zusammengenommen ist es etwa so wahrscheinlich wie ein Lottogewinn, aber der Bürgermeister verkauft es als die wahrscheinlichste Perspektive und schläfert damit die CDU Fraktion ein, die nun meint ohne den anstrengenden Aufwand einer deutlichen strukturellen Reform des Haushaltes auskommen zu können.

Trotz massiver Steuererhöhungen und diversen Zuschüssen des Landes wie z.B. bei ‚Gute Schule 2020‘ schließt der vorgelegte Haushaltsplan wie gesagt mit dem katastrophalen Defizit von über 7 Mio € ab.
Dennoch werden weiter für enorme Summen Gutachten in Auftrag gegeben sowie ein 12 Mio € schweres Handlungskonzept verabschiedet, der Stellenplan fast unverändert und ein seit Jahren eingefordertes Personalentwicklungskonzept ins nächste Jahr geschoben nach Verabschiedung des Stellenplans. Statt Haushaltsdisziplin liebäugelt der Bürgermeister mit einem Rathausneubau. Ein solch hemmungsloses Weiterwursteln statt zu handeln ist schier unerträglich.

Die Pressemitteilung der CDU zum Haushalt -ähnlich wie die des Bürgermeisters- war schon in der Überschrift erhellend: ‚Haushaltssicherung konnte vermieden werden’ !
Straelen war noch vor wenigen Jahren im Steueraufkommen je Einwohner die reichste Kommune in NRW und jetzt feiert sich die CDU schon wenn die Haushaltssicherung vermieden werden kann!! Was für ein tiefer Fall und das nicht zum ersten Mal. Bereits 2012 drohte die Haushaltssicherung und die mittlere Finanzplanung konnte nur gerettet werden durch Tricks wie Parkgebühren, die dann doch nicht kamen.
Auch jetzt wieder werden uns Schönwetter-Milchmädchenrechnungen präsentiert um zu beweisen, dass die Probleme nur vorübergehend sind. Da stört es überhaupt nicht, dass in den Prognosen das Eigenkapital dennoch massiv sinkt.

Herr Bürgermeister, und auch Sie, die Vertreter der Mehrheitsfraktion: wenn Sie die Verantwortung, die Ihr Amt mit sich bringt - ein Amt, das Sie freiwillig übernommen haben- wenn sie diese Aufgaben und diese Verantwortung nicht übernehmen wollen -oder können-, dann sollten Sie sich umgehend zurückziehen, damit Straelen noch eine Chance auf Entwicklung hat.
Herr Bürgermeister wir fordern Sie auf, diesen unseriösen Haushaltsplan zurückzunehmen und nachzubessern.

Dass wir keine großen Freunde des Modells Steueroase sind, haben wir oft genug gesagt, und so hatten wir eigentlich nicht damit gerechnet, dass wir einmal diejenigen sein würden, die Steuererhöhungen vehement ablehnen. Aber das Modell massive Steuererhöhungen und dennoch die Substanz verprassen ist wahrlich die schlechteste Strategie.

Wir bekennen uns weiterhin zu einer soliden Haushaltspolitik, auch wenn das einerseits anstrengend ist und viel Arbeit und Sachkunde bedeutet und andererseits von den betroffenen Interessengruppen natürlich selten begrüßt wird.
Heute haben wir dazu gemeinsam mit den Freien Wählern und der FDP einen Antrag vorgelegt zum sensiblen Thema der Schulentwicklung -der CDU ging ja leider auf dem Wege der Atem aus-  aber auch in Zukunft werden wir immer wieder Anträge zur strukturellen Verbesserung des Haushaltes stellen.

Stefan Kemmerling
Fraktionsvorsitzender